Botswana
2. März: Windhoek – Gobabis
Wir wussten es. Wir wussten es ja schon immer. Irgendwann müssen wir hier aus Windhoek auch wieder weg. Half uns dieses Wissen beim Abschiednehmen? Nein, definitiv nicht! All unsere Pläne es kurz und schmerzlos zu machen? Naja, bedingt erfolgreich…
Von Fabienne und Moritz wegzugehen war ein ganz schwieriger Teil unserer Reise. Wir haben uns alle einfach gut gefühlt. Wir fühlten uns wie zu Hause und das wird uns jetzt dann fehlen.
Gestern Abend waren wir bei Werner und Gela zu einem feinen Abschieds-Nachtessen eingeladen. Werner hat früher bei Metzgers gearbeitet und wir durften ihn bereits vor zwei Jahren kennenlernen. Sein Sohn Gian ist vor drei Wochen nach Deutschland geflogen, er wird dort eine Lehre als Brunnenbauer absolvieren. Wir freuen uns schon jetzt auf ein Wiedersehen mit dem flotten Burschen! Item. Gela und Werner haben eine hauseigene Metzgerei wo sie in erster Linie Wildfleisch aus Namibia verarbeiten. Wir haben ein wenig Fleisch bei ihnen bestellt und gingen das noch abholen.
Ich hatte einen kurzen Kampf mit den Männern. Erich und Werner meinten, das Fleisch, das ich kaufen wolle sei viel zu viel! Quatsch! Ich weiss schliesslich, was wir so alles verputzen. Und wenn ich was auf der Reise bisher gelernt habe, dann das, dass man nirgends vernünftiges Fleisch bekommt. Also gabs einen faulen Kompromiss und spätestens in Botswana werde ich es bereuen, dass ich mich nicht durchgesetzt habe! Nun, Erich wird dann halt auf Vegetarisch umstellen. Ganz einfach!
Wir verplauderten noch gut zwei Stunden mit Gela und dann gings Richtung Gobabis. In dieser Stadt vor der Grenze haben wir damals auf unserer Rundreise mit Beno bereits übernachtet und es hat uns da nicht so extrem gut gefallen. Also gingen wir einfach auf gut Glück noch ein wenig weiter Richtung Botswana-Grenze in der Hoffnung, dann schon einen Übernachtungsplatz zu finden. 14km vor der Grenze wurden wir dann fündig. Das Camp ist sehr schön, wir fühlen uns ein ganz klein wenig wie auf Fabiennes Jagdfarm. Heimweh halt!
3. März: Gobabis – Ghanzi
Bis zur Grenze war es nur ein Katzensprung und es lief kurz und schmerzlos. Nun sind wir also in Botswana! Die ca. 300km nach Ghanzi waren ziemlich eintönig. Überall nur Busch, selten etwas, dass das Auge ablenkt. Ich habe übrigens eine neue Beschäftigung während dem Fahren: Socken stricken! Klingt bescheuert, ich weiss. Ist aber so. Und nicht die allerdümmste Beschäftigung und so ein ganz klein wenig muss ich jetzt anfangen, Bücher zu sparen.
In Ghanzi angekommen gehen wir auf denselben Campingplatz wie bereits vor zwei Monaten. Auch hier hat es wohl recht viel geregnet, das Gras steht sehr hoch und wir sehen keine Tiere. Zum Znacht gibt’s feines Grillfleisch von Werner und Gela ☺
4. März: Ghanzi – Maun
Wieder ein langer und eintöniger Fahrtag bis nach Maun. Leo hat sich gewünscht, dass wir wieder zum Audicamp gehen. Zwar hätte es in Maun sicher auch noch andere tolle Camps, aber irgendwie brauchen die Kinder wohl etwas Bekanntes. Bevor wir beim Camp ankommen gehen wir noch schnell einkaufen. Ich hatte in Windhoek noch einiges vergessen und hier bekommt man immer noch alles. Wir waren grad beim Tanken, als es plötzlich anfängt zu Schiffen wie aus Kübeln! Wieder mal! Auch beim Camp regnet es ohne Halt und wir sind gezwungen, drinnen zu bleiben. Erich schaut mit den Kindern einen Film nach dem Anderen, ich verziehe mich aufs Bett um zu Lesen. Die Stimmung ist nicht gerade prickelnd und wir hoffen auf besseres Wetter morgen. Schliesslich ist es Leos Geburtstag!
5. März: Maun – Nata
Happy, happy, happy Birthday Leo! Unser Löwe wird heute 8 Jahre alt! Er war schon die letzten Tage furchtbar kribbelig und mochte kaum warten. Auch unsere Ankündigung, dass er Unterhosen zum Geburtstag kriegen würde, tat dem keinen Einbruch.
Zum Glück scheint heute wieder die Sonne und so steht einem feinen Geburtstagszmorge im Freien nichts im Weg. Anders als bei Lara konnten wir ihm seinen Wunsch erfüllen: Flocken mit warmer (!) Kondensmilch. Nun, wenn er sich das wünscht? Ihm hats geschmeckt, und wir anderen durften essen, was wir wollten…
Nach dem Frühstück dann Päckli öffnen! Selbstverständlich hat er von uns keine Unterhosen gekriegt, sondern die lang ersehnte Actionfigur und eine Lupe. Den halben Morgen haben Erich und Leo damit verbracht, den Campingplatz in Brand zu setzen. Erich musste seinem Sohnemann doch zeigen, dass man mit Lupe, Sonne und getrocknetem Gras Feuer erzeugen kann. Ob diese Lektion wirklich schlau ist, wird uns die Zukunft zeigen… Die beiden Feuerlöscher sind jetzt auf alle Fälle immer griffbereit!
Dann ging es weiter in Richtung Nata. Etwa 100km ausserhalb von Maun gab es plötzlich wieder eine Veterinärkontrolle! Zum Glück hatten wir unser äusserst kostbares Rauchfleisch von Werner und Gela schon in Namibia „Polizistensicher“ versteckt. Aber das Fleisch im Kühlschrank natürlich nicht, da wir dachten, wir seien jetzt durch alle Kontrollen durch. Zum Glück gab es etwa 200 Meter vor dem eigentlichen Stopp ein Schild, das anzeigte, dass wieder ein Checkpoint vor uns ist. Da ging es plötzlich sehr schnell: Yelena nahm alles Fleisch aus dem Kühlschrank und ich verstaute es so diskret wie nur irgend möglich im Handschuhfach! (Zum Glück hatte ich bei Fabienne da drin endlich mal aufgeräumt und es hat im Fall extrem viel Platz wieder…)
Die Kontrolleurin war dann sehr nett und wollte überall reinschauen. Also da, wo man Fleisch vermuten würde. Das Handschuhfach wollte sie nicht geöffnet haben ☺
Wir mussten dann noch all unsere Schuhe desinfizieren gehen. In einem Anfall von Grössenwahn (ich war so dermassen happy, dass sie unsere ca. 10kg Fleisch nicht gefunden haben) habe ich ihr unsere Schuhkiste gezeigt. Da liegen etwa 15 Paar Schuhe drin und die mussten alle durch dieses Chemiezeugs. Lara fragte mich ganz empört, wieso ich die denn die gezeigt habe, wir hätten ja – wie bisher immer – sagen können, dass wir nur diese Schuhe haben, die wir tragen. Nun, einmal Lügen pro Tag reicht meiner Meinung nach…
In Nata angekommen haben wir einen supertollen Campingplatz gefunden. Es hat einen schönen Pool, Liegen am Pool, saubere sanitäre Anlagen und einen Souvenirshop! Wir werden überaus freundlich begrüsst und gefragt, ob wir hier Nachtessen möchten. Wieso eigentlich nicht? Schliesslich hat Leo Geburtstag und es hat sogar Hamburger auf der Speisekarte. Wir nehmens also gemütlich, müssen ja nicht kochen. Die Kinder und Erich vergnügen sich im Pool und ich mache es mir auf einem Liegestuhl bequem. Das Nachtessen schmeckt gut, dann rufen auch noch Grosi und Grossätti an, um zu Gratulieren – schön! Den Geburtstagskuchen verschieben wir auf morgen, wir sind pappsatt und haben schlicht keinen Platz mehr!
6. März: Nata – Francistown
Schon wieder schönes Wetter? Ist das denn die Möglichkeit? Eigentlich wollten wir ja heute bis nach Zimbabwe. Gestern haben die Kinder im Pool zwei deutsche Kinder (Zoe und Noah) kennengelernt, und die sind heute früh immer noch da. Also gehen die Kids nochmals in den Pool und wir machen uns auf die Suche nach den Eltern der beiden. Die Familie reist während 6 Monaten im südlichen Afrika herum und konnten uns einige Tipps für die Weiterfahrt geben. Es ist so nett, mit ihnen zu plaudern, und wir vergessen darob ein wenig die Zeit. Gegen Mittag fahren wir dann endlich los und entscheiden uns, nur bis nach Francistown zu fahren. Für die Grenze reicht die Zeit eh nicht und wir wollen nicht stressen. Der Entscheid war gut – auch hier finden wir einen schönen Platz mit Pool und da wir recht früh dran sind gibt’s heute zum Zvieri Leos Geburtstagskuchen. Der schmeckte süss, klebrig und „fuehrig“ – so sollen Geburtstagskuchen sein… Zum Znacht gibt’s schon wieder Hamburger – diesmal mit Oryx-Gehacktem. Dann wird Gelas Frischfleisch leider aufgebraucht sein ☹
7. März: Francistown – Bulawayo
Ein klein wenig früher als sonst starten wir in Richtung Grenze nach Zimbabwe. Die knappen 100km sind schnell geschafft. An der Grenze angekommen dauert es einen kleinen Moment, bis wir uns zurechtfinden. Schilder oder ähnliches sucht man vergebens. Wir haben unser englisch zum Glück noch nicht wieder verlernt und die Einheimischen sind wie eigentlich immer hilfsbereit. Die Ausreise aus Botswana verläuft schnell und problemlos. Ich sah zwar ein kleines Wechselbüro um unsere Pula (Währung Botswana) einzutauschen, aber es macht von aussen nicht grad einen Vertrauenserweckenden Eindruck. Wir werden das Geld sicher anderswo auch noch umtauschen können. Zur Immigration von Zimbabwe müssen wir etwa 2km fahren. Da geht es auch recht gut. Als wir das erste Mal mit Beno in Zim waren, haben wir ein „Double-entry“ Visum beantragt und erhalten. Wir waren gespannt, ob das jetzt klappen würde. Die Grenzbeamtin war damit zu Beginn ein wenig überfordert und verstand nicht, wieso wir denn für die Kinder kein Visum hätten. Sie wisse jetzt nicht, wie sie uns im System eintragen solle. Ist das mein Problem? Nein. Ich stehe also freundlich abwartend und nicht wirklich hilfsbereit am Schalter. Sie geht also ihren Chef holen und der kennt sich mit dem Papierkram wohl besser auf. Die Kinder werden dann beim Familienoberhaupt (das ist Erich, falls sich jemand die Frage stellen sollte, wer in Afrika der Familienchef ist…) eingetragen. Man braucht einfach Zeit! Viel Zeit und Geduld! Nach etwa einer Stunde sind die 5 Einreisestempel in den Pässen und es geht weiter zu den „Customs“ – hier werden die Fahrzeugpapiere erledigt. Diese Lady ist noch ganz jung und völlig motiviert! Ehrlich jetzt! Sie freut sich, mal ein anderes Papier abzustempeln und fragt uns nach dem wieso und wie und wann. Die Kinder dürfen jetzt wieder in den Laster und so ist es für sie weniger mühsam. Eigentlich geht es recht unproblematisch und sie versteht, dass unser Fahrzeug zwar ursprünglich ein Laster war, aber in eine andere Kategorie fällt, da er jetzt ein Mobilhome ist. Sie stellt uns die Transitpapiere dementsprechend aus und nach einem Stopp bei den Kontrolleuren die selbstverständlich in den Studi hinein wollen und die Schränke geöffnet sehen wollen sind wir überall durch. Wir sind in Zimbabwe! Uff! 2 Stunden für 11 Stempel. Eigentlich keine schlechte Bilanz!
Von anderen Reisenden haben wir den Tipp bekommen, im Nationalpark nähe Bulawayo zu übernachten. Habe den Namen leider schon wieder vergessen und bin zu faul, die Karte suchen zu gehen. Wir machen uns also auf den Weg dahin. Die Strassen sind in gutem Zustand. Langsam verändert sich das Landschaftsbild. Man sieht wieder mehr Hügel und lustige Felsformationen. Riesige Felsbrocken liegen aufeinander, es sieht beinahe so aus, als hätte ein Riese im Sandkasten gespielt und Türmchen gebaut. Hier irgendwo ist auch das Grab von Sir Rhode. Diesem General (?) hat das Land bei der Kolonialisierung seinen Namen zu verdanken, nämlich Südrhodesien. Nordrhodesien war das heutige Sambia. Ihm hat es in dieser Gegend so gut gefallen, dass er gewünscht hat, hier beerdigt zu werden. Das Grab gehen wir nicht suchen. So gut finden wir die Geschichte nämlich nicht und wir müssten da eh wieder einmal Eintritt bezahlen…
Beim Park angekommen stellt sich dann heraus, dass wir nicht einfach zum Campingplatz fahren können, wir müssen auch den Parkeintritt bezahlen und der Campingplatz kostet dann noch zusätzlich. Da es aber schon später Nachmittag ist, zeigt der Wärter ein Einsehen und „übersieht“ die Kinder. Teuer ist es dennoch. Zimbabwe ist für Touristen ein teures Pflaster! Wir fahren also nochmals 8 km bis zum Platz. Der liegt direkt an einem Stausee und ist sehr schön. Aber leider zeigen sich auch hier die Spuren der jahrelangen Misswirtschaft. Die sanitären Anlagen sind schlicht grauslig, Strom gibt es nirgends und es läuft eigentlich auf ein Buschcamp hinaus. Nur das wir dafür bezahlen müssen. Den Kindern gefällt es hier aber super. Überall hat es Felsen auf denen sie herumklettern können. Yelena liest gerade die Winnetou Bücher und sie fühlen sich hier wie im Wilden Westen. Es hat auch ein paar frei herumlaufende Pferde und damit sind der Phantasie keine Grenzen mehr gesetzt ☺
Nach dem Nachtessen kommen uns die Pferde besuchen und sind ziemlich frech. Wir lernten, dass Pferde gerne Ketchup mögen. Sie haben nämlich mit Hingabe die noch dreckigen Teller auf dem Tisch abgeleckt. Mit ein paar Karotten werden sie dann weggelockt und ich mache mich an den Abwasch um nicht noch länger irgendwelche Begehrlichkeiten zu wecken!
8. März: Bulawayo – Gweru
Die Nacht verläuft ruhig und wieder werden wir von der Sonne geweckt. Wir haben die leise Hoffnung, vielleicht doch noch ein paar Tiere zu sehen und räumen alles zusammen um zeitig loszufahren. Erich und ich sahen dann wirklich etwas! Eine schwarze Mamba! Wow. Das war eindrücklich! Zum Glück sassen wir im Schtudegumper und weit aus der Gefahrenzone. Die Schlange liess sich auf der Sandpiste von der Sonne wärmen. Als wir stoppten schaute sie kurz hoch und „sprang“ dann sofort zurück ins hohe Gras. Das ging so schnell, dass die Kinder es leider nicht mitbekommen haben. Vor allem Leo war furchtbar enttäuscht deswegen! Andere Tiere haben wir leider keine gesehen. Das Gras ist einfach viel zu hoch. Zum Teil können wir das Gras vom Fenster aus berühren, es ist also wirklich Mannshoch und eine prima Versteckmöglichkeit für die Tiere.
Vom Park bis zur Stadt Bulawayo geht es gute 50km. Auf dieser Strecke werden wir 4 Mal von Polizeikontrollen aufgehalten. Jedes Mal wollen sie alle Papiere sehen. Nur einer ist lästig, weil er darauf besteht, dass wir einen Laster hätten und eine Art Schwerverkehrsabgabe zu zahlen hätten. Wieder mal ewig erklären und argumentieren. Lästig. Ich frage ihn dann, ob er denn wirklich glaube, dass wir durch die Grenze kommen könnten, ohne unsere Papiere in Ordnung zu haben und ob er wirklich glaube, er sei der einzige Polizist bisher, der uns kontrolliert habe? Dann hätten alle anderen eben Fehler gemacht ist seine Antwort. Was willst Du da sagen und argumentieren? Er meinte dann, wir müssen zurück an die Grenze und diese Gebühren nachzahlen. Erich wie immer ganz freundlich „Na klar, machen wir und good bye Sir“ und weg sind wir…
In Bulawayo angekommen machen wir uns auf die Suche nach einer Bank um unser Botswanageld in US-Dollar einzutauschen. Seit etwa einem Jahr hat Zimbabwe keine eigene Währung mehr. Am Schluss hatte der Zimbabwien-Dollar Quadrillionen (!) Prozent Inflation erreicht.
Ich erspare euch jetzt die ganze Umtauschgeschichte. Nach eineinhalb Stunden in der Bank kam ich erfolgreich zu meiner Familie zurück mit 137 Dollar und 5 verschieden abgestempelten Papieren. Die Dollars brauchen wir und der Papierkram wird einen Ehrenplatz in unserem Quittungenordner erhalten ☺
Wir fahren weiter nach Gweru zum Antilopencamp. Das ist ein wunderschöner Platz an einem Flüsschen und hat die Krise der vergangenen Jahre gut überstanden. Alles ist gepflegt und sauber und recht gut organisiert. Wir finden einen schönen Platz am Wasser und erhalten schon bald Besuch von einem Guide der uns erklärt, was wir alles machen können hier. Mit den Kindern entscheiden wir, dass sie morgen Elefantenreiten und Pferdereiten dürfen. Auch eine Kanufahrt planen wir. Die Kinder sind ganz aufgeregt und freuen sich sehr darauf!
9. März: Gweru
Nach einem gemütlichen Frühstück werden die Sonnenhüte hervorgekramt und Sonnencreme eingestrichen. Die Sonne scheint immer noch und so langsam aber sicher haben wir das Gefühl, dass wir dem Dauerregen doch noch entkommen sind. Leo und ich bringen unsere ganze schmutzige Wäsche zum Campeigenen Waschsalon und sind froh, dass wir den freien Tag geniessen dürfen und nicht die Freizeit mit Handwäsche verbringen müssen.
Schon bald kommt unser Guide um die Kinder abzuholen. Das Elefantenreiten kostet für die Kinder je 17 Franken für eine halbe Stunde, für Erwachsene wäre es das Doppelte und wir lassen es bleiben. Die Kinder werden mit Helmen ausgerüstet und da kommen die Riesen auch schon! Auf jedem Elefant sitzt ein „Pilot“ – die Kinder dürfen da nicht alleine drauf. Bin eigentlich noch froh darüber. Wirklich „steuerbar“ sind die Ungetüme nämlich nicht! Erich und ich dürfen die Kinder leider nicht begleiten, das sei wegen der Löwen zu gefährlich. Also drücken wir unseren Fotoapparat einem der Führer in die Hand und hoffen, dass er mit der Kamera zurecht kommen wird.
Eine gute halbe Stunde später kommen alle heil und ganz wieder an. Nach dem Absteigen dürfen die Kinder die Riesen auch noch füttern und sind rundum happy. Sie reden alle durcheinander und erzählen und plappern dass es eine Freude ist!
Nur kurze Zeit später dürfen die Mädels Ponyreiten gehen. Leo will nicht, er hat immer noch Respekt davor. Nur zum besseren Verständnis: Elefanten reiten, das geht. Ponyreiten nicht, da hat er Angst!
Den Rest des Tages verbringen wir mit Lesen. Sobald die Sonne nicht mehr so hoch steht, gehen wir noch eine Kanutour machen. Erich, Lara und Leo nehmen ein Kanu, Yelena und ich das andere. Die Kanus sind in einem schlechten Zustand, die Paddel erinnern an Kinderspielzeug. Das kann ja heiter werden! Tatsächlich, es geht nicht lange, und Erich sitzt bereits im Wasser. Also schon im Kanu, aber eben im Wasser. Gegen Ende der Tour steht es im Kanu drin 15cm hoch. Leo ist das egal. Er durfte seine Angel mitnehmen und war völlig darauf konzentriert, Würste zu baden. Gefangen haben er und Lara nichts. Lara hat übrigens auf halben Weg das Boot gewechselt und kam ins Weiberboot, wir hatten weniger Wasser an Bord. Die Ruhe auf dem Fluss und die vielen Vögel entschädigten uns dann für das feuchte Abenteuer und es war trotz allem schön.
Am Abend kochten wir einen Linseneintopf der leider angebraten ist. Wenn man nicht zu sehr am Boden gekratzt hat, schmeckte es gar nicht mal so schlecht!
10. März: Gweru – Great Zimbabwe
Am Morgen ging ich an die Rezeption um zu bezahlen. Auf der Rechnung sah ich, dass sie vergessen haben, die Kanumiete aufzuführen. Ich fühlte mich definitiv nicht dazu verpflichtet, sie auf diesen Fehler aufmerksam zu machen! Mit einem halbschlechten Gewissen machten wir uns auf den Weg nach Great Zimbabwe. Auf dem Weg dahin mussten wir doch tatsächlich eine Busse bezahlen! Wegen zu schnellem Fahren! Jaja, unser Studi entdeckt auf seine alten Tage wohl eine Art zweiten Frühling. Mittlerweile fährt er bei Vollgas, mit Rückenwind und auf abwärts führenden Strassen 90kmh! Meist fahren wir so 70 – das ist vom Lärm her erträglich und er säuft dann auch nicht ganz so viel. Aber wenn man nur 60 fahren darf, ist das halt zu schnell! Also 20 Dollar Busse bezahlen, was zwar ärgerlich ist aber immer noch 10 Mal günstiger als in der Schweiz!
Bereits in der Schweiz beim Reiseplanen habe ich mir gewünscht, nach Grat Zimbabwe zu gehen. Wir wussten damals noch nicht, ob es überhaupt möglich sein wird, nach Zim zu reisen. Ob die Versorgung mit Diesel möglich sein wird, das war die Hauptsorge. Nun, es geht und so stehen wir am frühen Nachmittag vor der eindrücklichen Kulisse dieser Ruinen. Sie wurden zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert erbaut und sind riesig. Zig-Tausend Steine wurden ohne Mörtel verbaut zu riesigen Schutzmauern und Häusern, die z.T. noch zu erahnen sind. Leider gab es weder einen Führer zu kaufen, noch Pläne oder Wegtafeln. Afrika steht Tourismustechnisch wirklich in den Kinderschuhen, man könnte hier so unendlich viel machen! So bleibt dem Besucher nichts anderes übrig, als staunend vor den riesigen Mauern zu stehen und sich zu fragen, warum das alles hierher gebaut wurde und welche Art von Kultur hier gepflegt wurde. Sobald wir wieder einmal Internetempfang haben werden, wollen wir uns unbedingt schlau machen! Wir wissen zwar, dass das ganze Areal zum UNESCO Weltkulturerbe gehört und geschützt wird. Das ist ja schon einmal ein guter Anfang… Und wenn man bedenkt, dass ringsherum die Menschen ums tägliche Brot kämpfen müssen und vor unendliche Bürokratische Hindernisse gestellt werden, dann kann man es ja irgendwie doch wieder verstehen, das da nicht mehr daraus gemacht wird.
Am Abend bekommen wir Besuch! Luisa und Matthias sind aus Deutschland ebenfalls bis hierher gefahren. Jedoch sind sie nicht durch Zentralafrika gefahren, sondern haben die Sahelländer – Niger und Chad Richtung Sudan – durchquert. Wahnsinn! Die beiden sind sehr nett und wir verbringen einen schönen Abend mit Plaudern und Erfahrungen austauschen.
11. März: Great Zimbabwe
Dank der netten Gesellschaft haben wir entschieden, einen Tag länger hier zu bleiben. Luisa kann uns viele wertvolle Tipps für Kenia, Äthiopien und Sudan geben. Auch dürfen wir ihre nicht mehr gebrauchten Reiseführer leihen. Die Kinder spielen fast den ganzen Tag mit den etwa 50 Affen die auf dem Gelände herumschwirren. Als sie dann mit Popcorn gefüttert werden, werden sie sogar fast Handzahm und sorgen für viel Erheiterung. Am späteren Nachmittag gehen die Kinder und ich nochmals zu den Ruinen, um auch noch den Rest zu erkunden. Der Eintritt ist für zwei Tage gültig und wir wollen das natürlich ausschöpfen. Erich arbeitet wieder einmal am Lastwagen. Es ist schlimm – für mich ist es mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, wie gut der Schtudegumper läuft. Mir wird eher selten bewusst, dass das in erster Linie Erichs hingebungsvoller Pflege und Betreuung des Wagens zu verdanken ist!
Am Abend koche ich für alle Spaghetti Bolo, wir laden die beiden Studenten zum Nachtessen ein. Schliesslich haben sie uns viel Wertvolles mitgeteilt und wir dürfen auch noch ihre Filme kopieren. Die nächsten Fernsehabende für die Kinder sind also gesichert!
Wieder verbringen wir einen gemütlichen Abend am Lagerfeuer und erfahren viel Spannendes aus der DDR-Zeit. Die beiden haben die Wende als Kinder erlebt und erinnern sich noch an einiges aus der Zeit davor. Es ist wirklich spannend und zum Teil so lustig!
12. März: Great Zimbabwe – Harare
Schon wieder Abschied! Wir treffen so viele tolle Leute immer wieder auf der Reise und immer muss man sich so schnell wieder verabschieden. Nun, es führt kein Weg daran vorbei, es ist halt einfach so. Heute geht es nun nach Harare. Ians Eltern wohnen da und wir dürfen zu ihnen gehen. Über all die Zeit hatten wir immer noch Kontakt mit Ruth und Ian per sms. Sie haben uns mitgeteilt, dass die Eltern uns erwarten und wir freuen uns darauf, sie kennen zu lernen.
Übrigens: Wir haben auch heute wieder eine Geschwindigkeitsbusse bezahlt! Wieder haben wir das 60er Schild nicht gesehen! Was solls. Die Polizisten waren sehr nett ☺
Die Fahrt nach Harare verläuft ansonsten unspektakulär. Auch in der Stadt selbst ist das navigieren dank GPS einfach. Am späten Nachmittag treffen wir bei Tricia und Nick an. Sie haben ein sehr schönes Haus und einen riesigen Garten. Hier dürfen wir unseren Camion hinstellen. Leider fängt es mit unserer Ankunft auch wieder zu regnen an. So langsam habe ich den Verdacht, dass wir eine Art Regenanzieher sind…
Wir werden sehr herzlich begrüsst und wir wollen natürlich wissen, wie es Ruth und Ian geht. Nun, die beiden haben ihr Ziel fast erreicht. Sie sind bereits in Südafrika angekommen und sind auf dem Weg zu Ruths Eltern. Tricia lädt uns zum Nachtessen ein, und sagt uns, dass noch ein paar Freunde kommen werden. Wir platzen also mitten in eine Gruppe hinein und kommen uns ein bisschen blöd vor. Aber alle sind sehr nett und wollen natürlich alles über unsere Reise wissen. Wir lernen wirklich nette Leute kennen und es ist sehr spannend mit ihnen zu diskutieren. Sie alle haben die Enteignung all ihres Hab und Gut durch Mugabes Regime ertragen müssen.
Für uns ist es schlicht unvorstellbar, was da passiert ist! Vor 9 Jahren mussten sie alle innert 1 bis 2 Tagen ihre Farmen verlassen. Alles, was ihre Eltern oder Grosseltern aufgebaut haben wurde ihnen ohne Entschädigung einfach weggenommen! Als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, wurde in derselben Zeit auch das Geld massiv abgewertet! Tricia erzählte uns von einem Lehrerkollegen der in dieser Zeit in Rente ging. Seine Pension, für die er Jahrelang eingezahlt hatte, hatte innert 3 Monaten nur noch den Gegenwert um sich 1 Brot zu kaufen! D.h. er hat 40 Jahre lang für ein Brot gearbeitet! Dieser Lehrer gibt übrigens heute immer noch Unterricht, und das mit 79 Jahren. Das ersparte hatte keinen Wert mehr, Pension war futsch und von irgendwas muss er ja leben. Da bleibt nur die Arbeit oder betteln gehen.
Tricia und Nick erzählten uns, dass es ihre Generation noch verhältnismässig gut hat. Sie sind noch in dem Alter, wo sie sich andere Arbeit suchen können oder wieder ein Geschäft aufbauen können. Aber gerade für die Alten ist es schier unmöglich ein lebenswertes Leben zu führen. Auch die Jungen haben absolut keine Alternativen. Viele gehen nach England oder Australien um da zu studieren oder zu leben. Das Land ist am Boden und solange Mugabe an der Macht bleibt wird sich daran nichts ändern.
Auch die anderen Freunde erzählen uns so ein bisschen, was sie erlebt haben und immer noch erleben. Das schlimme ist einfach, dass die Enteignung dann nicht etwa in etwas konstruktives Positives für die einheimische schwarze Bevölkerung genutzt wurden. Reiche Militärs oder Minister besitzen nun die Farmen, haben aber nicht das nötige Wissen und Interesse, um diese Farmen auch zu betreiben. Wozu auch? Sie verdienen genug an den Bodenschätzen, die sie an die Chinesen verramschen. All die Tausend und Abertausend Angestellten wurden von einem Tag auf den Anderen auf die Strasse gestellt. Das Land liegt brach, einige kleine Felder kann man sehen, es wird aber nicht mehr in dem Masse produziert wie zuvor. Man stelle sich das mal vor: Vor noch 10 Jahren war Zimbabwe die sogenannte „Brotkammer von Afrika“! Zim hat das Mehl für den ganzen Kontinent produziert. Heute wird alles von Südafrika importiert. Auch das Brot.
Die ehemaligen Angestellten leben mehr schlecht als recht, kommen mit der „Freiheit“ nicht klar. Sie haben von ihren Arbeitgebern (den Weissen) zwar gelernt, wie man die Maschinen unterhält. Das nützt aber nichts, wenn es keine Ersatzteile mehr gibt. Also stehen die Traktoren draussen und rosten vor sich hin, während der Einheimische wieder mit Ochsen und Karren ein kleines Feld pflügt um den Eigenbedarf zu decken.
Auf unsere Frage, wieso das Volk sich nicht wehrt und gegen die Missstände ankämpft erhalten wir die Antwort, dass viele schlicht Angst haben. Mugabes Schergen schiessen erst und fragen wenn überhaupt erst später. Wir fuhren an Mugabes Palast vorbei und haben die riesigen Verbotsschilder selber gesehen. Menschen verboten. Und daneben schwer bewaffnete Soldaten. Selbst wir, die sonst nicht wirklich ängstlich sind, haben an der Stelle nicht angehalten um ein Foto zu machen…
Es bleibt nur zu hoffen, dass der Alte Mann bald geht und das Land die Chance erhalten wird, sich selber wieder aufzubauen!
13. März: Harare
Sonntag ist Ruhetag! Es sei denn, die Schule ruft. Diesem Ruf folgen die Kinder heute eher mässig motiviert. Ich versuche, irgendwie ins Internet zu kommen und muss frustriert wieder aufgeben. Internet gehört in diesem Land definitiv nicht zu den Prioritäten!
Wir verbringen auch viel Zeit mit Tricia und Nick und versuchen, irgendwie zu verstehen, wie dieses Land funktioniert. Trotz allem funktionieren kann. Gar keine einfache Aufgabe und bräuchte wohl mehr geopolitisches Wissen als wir es haben. Unterm Strich bleibt alles ein grosses Fragezeichen und eine tiefe Dankbarkeit, in einem Land wie der Schweiz zu Hause sein zu dürfen.